Leinenpflicht im Wald: Darf ich meinen Hund im Wald frei laufen lassen?

Der Sommer in Deutschland scheint in greifbarer Nähe. Das macht Mensch und Tier nicht nur bessere Laune, sondern auch Lust, sich wieder mehr in der Natur aufzuhalten. Gerade diejenigen unter uns, die mit Hunden zusammenwohnen, werden schon den ein oder anderen Waldspaziergang geplant oder sogar schon unternommen haben.

Mit Hunden im Wald unterwegs zu sein, bedeutet für viele auch, dass Hunde so viel Freiheit und Auslauf genießen können sollen wie möglich – am liebsten ohne Leine. Das kollidiert jedoch häufig mit dem Schutz der anderen Waldbewohner, die in ihrem Zuhause nicht gestört sein wollen und es auch nicht sein sollten, wenn Mensch und Hund den Wald ohne Leine besuchen.

Aber wann ist der Spaziergang ohne Leine überhaupt erlaubt? Und welche Gefahren birgt es für den tierischen Mitbewohner, ohne Leine im Wald unterwegs zu sein?

Wann gilt eine Leinenpflicht für Hunde?

Hinter der sogenannten Leinen-, Anleinpflicht oder dem Leinenzwang stecken Vorschriften, die regeln, wann ein Hund an einer reißfesten Leine zu führen ist.[1]Dabei gibt es oft auch unterschiedliche Vorgaben zu ihrer Länge. Meist sind etwa 1,5 m oder 2 m als Maximallänge einer solchen Leine festgelegt.

Vor allem in Innenstädten, öffentlichen Verkehrsmitteln oder an öffentlichen Plätzen gilt meist eine Leinenpflicht. Bestimmte Hunderassen, die sogenannten Listenhunde, müssen immer an der Leine geführt werden.

Solche Vorschriften können aber auch auf bestimmte Gebiete beschränkt sein: So gilt in Naturschutzgebieten meist eine Leinenpflicht. Oder aber einzelne Städte und Gemeinden erlassen individuelle Regelungen.

Selbstverständlich brauchen Hunde genügend Auslauf, Bewegung und Freiheit, um sich auszutoben und ihren natürlichen Bedürfnissen nachzukommen. Daher missfällt vielen Hunde haltenden Menschen – und nicht zuletzt ihren tierischen Begleitern – eine Leinenpflicht. Diese Haltung ist nachvollziehbar.

Aber gerade in Städten und öffentlichen Verkehrsmitteln können Situationen entstehen, die einen nicht angeleinten Hund mehr gefährden als einen angeleinten. Und auch Menschen, die ihnen begegnen, können gefährdet werden.

Hundehaltende müssen also stets abwägen, wie sie den Bedürfnissen der Vierbeiner am besten gerecht werden können.

Abseits von für Hunde zur Verfügung gestellten Freilaufflächen, die in den meisten Städten zu finden sind, ist es natürlich reizvoll, dem nächstgelegenen Wald einen Besuch abzustatten.

Aber dürfen Hunde dort immer ohne Leine unterwegs sein?

Darf mein Hund im Wald ohne Leine laufen?

Ob ein Hund ohne Leine laufen darf oder eben nicht, ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt, da diese Frage Regelungsbereiche betrifft, in denen Bund und Länder bei der Gesetzgebungskompetenz konkurrieren (Art. 72 Abs. 3 Grundgesetz), etwa den Naturschutz. Die Frage nach der Leine ist also Ländersache. Das bedeutet, jedes Bundesland kann eigene Regelungen treffen, ob und in welchem Umfang eine Leinenpflicht für Hunde in Wäldern auf dem jeweiligen Landesgebiet besteht.

Üblicherweise finden sich solche Vorgaben in den Landeswaldgesetzen der Länder. So besteht in Brandenburg etwa nach seinem Landeswaldgesetz die Pflicht Hunde im Wald anzuleinen (§15 Abs. 8 LWaldG). Das Gleiche gilt in Schleswig-Holstein (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 WaldG SH). In Bayern und Baden-Württemberg hingegen, bestehen keine derartigen Vorgaben für Waldbesuchende. Darüberhinausgehende Normen sind in vielen Fällen in den Hundeverordnungen oder Hundegesetzen der Länder geregelt.

In einigen wenigen Bundesländern gibt es auch eine Leinenpflicht, die nur in der sogenannten Brut- und Setzzeit gilt: Diese Periode ist meist im Frühling und bezeichnet die Zeit, in der im Wald lebende Tiere ihren Nachwuchs zur Welt bringen, etwa Füchse, Wildschweine oder Rehe. Gleiches gilt für Naturschutzgebiete. Das Landeswaldgesetz in Sachsen-Anhalt schreibt in § 28 Abs. 2 z. B. vor, dass Hunde vom 1. März bis 15. Juli anzuleinen sind.

Bei Verstößen gegen diese Vorschriften droht oft ein saftiges Bußgeld. Der Sanktionsrahmen und die Bedingungen, unter denen ein Verstoß vorliegt, unterscheiden sich aber von Land zu Land. In aller Regel bleibt es bei einem erstmaligen Verstoß gegen eine Anleinpflicht bei einem Bußgeld von etwa 30 Euro, aber es sind bei wiederholten Zuwiderhandlungen auch deutlich höhere Sanktionen möglich. In besonders schweren Fällen sind teilweise sogar Bußgelder von bis zu 50.000 Euro denkbar.

Dürfen Jäger:innen auf meinen Hund schießen?

Natürlich ist es wichtig, dass für im Wald lebende Tiere dieser Wald auch ein Rückzugsort und Zuhause bleibt, in dem sie nicht von Hunden aufgeschreckt oder gar gejagt werden.

In einigen Ländern soll diese Störung vermeintlich unterbunden werden, indem ihre Landesjagdgesetze den Abschuss von Hunden durch Jäger:innen erlauben. Man spricht hier vom sogenannten Haustierabschuss, der auch Freigänger-Katzen gefährlich werden kann. Auch hier handelt es sich um eine Ländersache.

In einigen Bundesländern setzt eine Abschusserlaubnis auch das Wildern voraus. Welches Verhalten ein „Wildern“ umfasst, ist nicht einheitlich definiert. In jedem Fall wird als Wildern bezeichnet, wenn ein Hund einem Wildtier aktiv folgt (etwa durch Aufnehmen der Fährte), dieses jagt (teilweise auch „Nachstellen“ genannt) oder sogar reißt. In Rheinland-Pfalz etwa dürfen Jagdausübungsberechtigte Hunde in diesen Fällen töten (§ 33 Abs. 6 JagdG RLP).

Einige Landesjagdgesetze erlauben einen solchen Haustierabschuss wegen Wilderns aber auch bereits, wenn die Hunde sich „außerhalb des Einwirkungskreises des Menschen“ befinden – derartiges sehen bspw. das Brandenburgische JagdG in § 40 Abs. 1 Nr. 2 und das das Bayerische (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BayJagdG) vor. Das bedeutet bei Hunden, dass sie sich aus der unmittelbaren Umgebung des zugehörigen Menschen entfernt haben und im schlimmsten Fall auch nicht mehr abrufbar sind, d. h. auch auf Rückrufe hin nicht mehr zurückkommen.

Das Töten von Hunden ist falsch – egal, ob in Wald oder Stadt. Denn selbst wenn man ernsthaft davon ausgehen sollte, dass es einen naturschutzrechtlichen Mehrwert hätte, Hunde zu erschießen – was mit guten Gründen anzuzweifeln ist –, so ist diese „Maßnahme“ immer noch unverhältnismäßig.[2]Zuvor wäre auf mildere Maßnahmen zurückzugreifen; angefangen mit einer Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins. Für den konkreten Fall kämen etwa ein Warnschuss, die Betäubung … Weiterlesen

Nichtsdestotrotz ist es traurige Realität, dass Jäger:innen den „Tierbestand“ in ihren Waldstücken „schützen“ (und vor allem gerne selbst bejagen) wollen und dabei tierische Mitbewohner töten. Es ist daher an uns Menschen, unsere tierischen Mitbewohner bei gemeinsamen Ausflügen keiner unnötigen Gefahr auszusetzen und sich daher erforderlichenfalls an die Leinenpflicht zu halten.

 

Tipps: Darauf sollten Sie mit Ihrem Hund im Wald achten

  1. Achten Sie auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Leinenpflicht: Das Missachten der Regeln stört ggf. nicht nur Wildtiere mit ihren Kindern, sondern gefährdet auch Ihren Hund. Zudem schont es Ihren Geldbeutel angesichts drohender Bußgelder.
  2. Abruftraining für Ihren Hund: Bevor Sie mit Ihrem Hund ohne Leine die Freiheit des Waldes genießen, sollten Sie ihn sicher zu sich rufen können – insbesondere auch dann, wenn er eine Fährte aufgenommen hat oder ein anderes Tier im Wald sieht.
  3. Schleppleine als Alternative zum Freilauf: Gibt es eine Leinenpflicht im Wald und ist Ihr Hund nicht sicher abrufbar oder ist gerade Brut- und Setzzeit, kann eine Schleppleine einen Kompromiss schaffen. Hiermit kann Ihr tierischer Begleiter seine Umgebung (relativ) selbstbestimmt erkunden, ohne sich selbst oder andere in Gefahr zu bringen. Aber Achtung: Unter Umständen bedeutet Leinenpflicht auch, dass der Hund nur an einer kurzen Leine geführt werden darf.
  4. Hunde nur ableinen, wenn keine Gefahr besteht: Gefahren können in vielen Formen auftreten. Etwa in Form von stark befahrenen Straßen, anderen Hunden oder Jäger:innen. Aber auch Wildtiere können gefährlich werden.
  5. Hunde sollten in keinem Fall die Waldwege verlassen: Denken Sie auch an die Waldbewohner, die in ihrem Zuhause, dem Wald, Schutz suchen. Benehmen Sie sich daher immer, wie es sich für Gäst:innen in einem fremden Heim pflegt. Gerade in der Brut- und Setzzeit, wenn Muttertiere ihren Nachwuchs beschützen wollen, sollte Ihr Hund daher im Wald an der Leine bleiben oder auf den Waldwegen. Üben Sie daher gemeinsam, dass Ihr Hund die Waldwege auch im Freilauf nicht weiter als 2 bis 3 Meter verlässt.
  6. Gestalten Sie den Waldspaziergang spannend – auf den Wegen: Um den Spaziergang auch auf den Wegen spannend zu gestalten, können Sie Apportieren oder andere Spiele für Ihren Hund einbauen. So wird dieser ausgelastet und kein Waldbewohner gestört.
  7. Seien Sie stets aufmerksam: Achten Sie immer auf Ihre Umgebung. Am Handy noch schnell eine Nachricht schreiben oder einen Podcast hören, kann dazu führen, dass Sie Gefahren nicht rechtzeitig erkennen und damit im Zweifel die Sicherheit oder sogar das Leben Ihres Hundes oder im Wald lebender Tiere gefährden. Nehmen Sie sich daher die Zeit für einen achtsamen Spaziergang im Wald – das wird auch Ihnen sicher guttun!

Wichtig ist, dass Sie den Wald auch als Zuhause der Waldbewohner sehen und respektieren. Geben Sie Speziesismus keinen Platz und schätzen Sie die Freiheit und Freude Ihres Hundes genauso wert wie die anderer Spezies!

 

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war im Frühjahr 2021 Rechtspraktikantin bei PETA Deutschland e.V. in Berlin und unterstützt den Tierrechtsblog in ihrer Freizeit weiterhin.

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